Schweizer Männer tappen in die Sex-Falle

05. August 2013

 

Internationale Erpresserbanden machen diesen Sommer Jagd auf naive Schweizer. Sie erschwindeln sich von ihren Opfern Sexfilmchen und erpressen sie dann mit dem heissen Material.

 

Sie sind hübsch, fröhlich und wild auf Cyber-Sex: Die vermeintlichen Internet-Bekanntschaften haben alles, was sich viele Männer wünschen. Dass sich hinter den attraktiven Damen Kriminelle verstecken, wollen die Opfer nicht wahrhaben, wenn sie von Louisa, Jaqueline oder Giselle angeschrieben werden. So werden sie leichte Opfer der sogenannten «Sextortion»-Masche (aus den englischen Begriffen Sex und Extortion, auf Deutsch Erpressung).

 

«Die meist männlichen Opfer werden über soziale Netzwerke kontaktiert», sagt Danièle Bersier von der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (Kobik). Nach einigen Chat-Nachrichten verlagere sich die Konversation in der Regel auf Skype oder andere Videotelefonie-Plattformen. Dort geht es so richtig zur Sache: «Die Frauen zeigen ihren nackten Körper und verlangen von ihrem Opfer, sexuelle Handlungen an sich vor laufender Kamera vorzunehmen.»

 

Immer mehr Fälle weltweit registriert

«Kaum sind die Gangster im Besitz der Filmchen, schlägt die Stimmung um», weiss Peter Gill von der Staatsanwaltschaft Basel, wo bereits derartig Fälle verfolgt wurden. Meist kriegt der Betroffene eine E-Mail. Der Inhalt: Ein Zugangscode zu einem noch gesperrten Youtube-Video. Dazu die Forderung nach Geld. Ansonsten werde der Sex-Clip für alle sichtbar geschaltet oder an die Facebook-Freunde des Erpressten geschickt.

 

Wie viele Schweizer den Tätern auf den Leim gehen, ist unbekannt. Die Fälle werden nicht gesondert von anderen Erpressungsversuchen registriert. «Viele trauen sich wohl sowieso nicht, eine Anzeige zu machen, weil es ihnen peinlich ist», vermutet Gill. Bei Kobik, wo Meldungen aus der ganzen Schweiz zu Internetkriminalität eingehen, bemerkt man eine Häufung. «In den letzten Wochen gab es eine Welle», sagt Bersier. Dies bestätigt Chantal Billaud von der Schweizerischen Kriminalprävention. «Letztes Jahr wurden uns erstmals einzelne Fälle von Sextortion gemeldet. Nun ist das Vorgehen schon verbreitet.»

Die Masche ist weltweit auf dem Vormarsch: Anfang Jahr hat das FBI eine entsprechende Warnung herausgegeben, im Frühling folgte Singapur. Dort hat sich die Anzahl der Anzeigen innerhalb eines Jahres verfünffacht. 2011 waren es 11, vergangenes Jahr bereits 50 Fälle.

 

Fies: Videos trotz Zahlung im Netz

Wer Opfer wurde, soll den Kontakt sofort abbrechen und keinesfalls zahlen, rät Bersier. «Oft wird nach einer Zahlung noch mehr verlangt.» Besonders gemein: Selbst wenn die Opfer sämtliche Forderungen erfüllen, würden die Täter das Material oftmals ins Internet stellen.

 

Je nach Internetplattform habe man aber gute Chancen, dass das kompromittierende Material wieder gelöscht werde. Die Aussichten, an die Täter zu kommen, seien jedoch sehr gering. «Wir haben aus einer polizeilichen Ermittlung Kenntnis von Tätern aus der Elfenbeinküste. Dies ist aber ein Einzelfall und sagt wenig über die Hintergründe allgemein», sagt Billaud. Sie rät deshalb, unbekannten Personen unter keinen Umständen intime Details oder Bilder zukommen zu lassen.

 

http://www.20min.ch/schweiz/news/story/23513634


Teenager springt nach Erpressung von Brücke

17. August 2013

 

Ein 17-jähriger Schotte wird Opfer von Sex-Erpressern und nimmt sich in seiner Verzweiflung das Leben. Schweizer Experten fordern ein nationales Internet-Erziehungsprogramm für Kinder und Jugendliche.

Daniel P. aus dem schottischen Dunfermline hat sich von einer Brücke gestürzt, nachdem Kriminelle ihn mit einem kompromittierenden Video erpresst haben. Ein hübsches Mädchen hatte den 17-Jährigen im Auftrag der Täter über Skype kontaktiert und ihn dazu verführt, sich in peinlicher Pose vor der Kamera zu zeigen.

 

Die Masche, die Daniel zum Verhängnis wurde, heisst Sextortion und ist seit diesem Jahr in der ganzen Welt verbreitet. Die Gangster – oft von der Elfenbeinküste – schreiben Buben und Männer auf sozialen Netzwerken an. Sie schieben junge, hübsche Frauen vor, die die Opfer animieren, vor der Webcam sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. Dann werden die Männer mit dem beschämenden Material erpresst.

 

Auch Daniel erhielt eine solche Nachricht. «Wenn du nicht bezahlst, schicken wir das Video an deine Freunde und deine Eltern», drohten die Täter. Und: «Falls du dich weigerst, wärst du tot noch besser dran.» Der so genötigte Jugendliche sah in seiner Panik keinen Ausweg. Nur eine Stunde nach der Erpressung sprang Daniel von einer Brücke in den Tod.

 

Viele suchen Hilfe bei 147

Auch Schweizer werden von den fiesen Gangstern angeschrieben. Das Fedpol geht von tausenden von Erpressungsversuchen im Jahr aus und hat eine offizielle Warnung erlassen. «Wie Daniel sind auch bei uns Jugendliche am stärksten gefährdet», sagt Chantal Billaud von der Schweizerischen Kriminalprävention. «Sie sind im Netz teilweise naiver als Erwachsene. Und eine solche Erpressung trifft sie dann auch besonders hart.» Die Teenager hätten oft kein Geld, um die Erpresser zu bezahlen und fürchten, durch die Veröffentlichung der Videos ihre Lehrstelle, Freunde und Familie zu verlieren.

 

Dass auch in der Schweiz einmal ein Fall so tragisch endet, wie der von Daniel, kann niemand ausschliessen. «Bei Jugendlichen sind Suizide oft Spontanhandlungen aus einer momentanen Verzweiflung heraus. Sie sehen einfach keinen anderen Ausweg mehr», sagt Marianne Affolter von Pro Juventute. Immer wieder meldet sich beim Nottelefon verzweifelte Teenager, die wegen Sex-Bildern erpresst werden. «Dass sie darauf reinfallen, kann man ihnen nicht vorwerfen. Für einen 16-Jährigen ist ein Mädchen, das mit ihm nackt skypen will, halt hoch interessant.»

 

Alle Kinder müssen vor solchen Maschen gewarnt werden

Affolter nennt einen Fall aus der Praxis des Nottelefons 147: Ein 15-Jähriger ruft an: Er sei jetzt grad im Chatroulette, habe eine Aufnahme von seinem Penis an die Chat-Partnerin geschickt. Jetzt sei er aufgefordert worden, eine Telefonnummer anzurufen, um zu erfahren, auf welches Konto er 100 Franken einzahlen solle. Wenn er dies nicht tue, würde der Täter das Bild überall posten. Die Mail-Adresse des Opfers bestand aus seinem Vor- und Nachnamen – man hätte seine Wohnadresse herausfinden können. Die Beraterin von Pro Juventute hat mit ihm besprochen, dass er die Daten des Täters sichert und sich an die Polizei wenden kann, damit dieser gestoppt werden kann.

 

Pro Juventute fordert dringend ein nationales Programm, das Kinder über die Gefahren im Internet aufklärt. Laut der Schweizerischen Kriminalprävention gibt es zwar Bestrebungen dahingehend. Diese seien aber durch das föderalistische Schulsystem in einigen Kantonen intensiver, in anderen weniger. «Es darf nicht sein, dass es auf den Wohnort oder den Lehrer eines Kindes ankommt, ob es vor solchen Maschen gewarnt wird oder nicht», kritisiert Affolter. «Die Kantone müssen alle zu ausreichender Aufklärung verpflichtet werden.»

 

http://www.20min.ch/ausland/news/story/19202814


21. Juli 2014

 

Die Zahl der Fälle von Erpressungen mit Sex-Videos nimmt in der Schweiz wieder zu. Der Bund hat deshalb eine Warnung veröffentlicht und mahnt zur Vorsicht im Internet.